Montag, 22. Oktober 2012

Canonical das Root-Recht entziehen - Kommentar zum Editorial LinuxUser 11.2012

"Auf meinen Rechnern jedenfalls entziehe ich Canonical das Root-Recht, ein für allemal". So lautet der letzte Satz des Editorials von Jörg Luther, seines Zeichens Chefredakteur des LinuxUser Magazins. Das komplette Editorial kann man online im Internet nachlesen: Link. In diesem besagten Editorial schießt Herr Luther ziemlich scharf gegen Ubuntu bzw. im Detail gegen die Unity Shopping Lens und den Umgang mit Kritik seitens Canonical zur selbigen.

Ich weiß nicht, wie andere das Empfinden, aber nach meinem Empfinden neigt Herr Luther in seinen Editorialen zu übertrieben negativen und stark polarisierenden Sichtweisen. Die Editorale seines Kollegen Jan Kleinert, Chefredakteur des Linux Magazins, gefallen mir stilistisch da deutlich besser - aber das ist ein anderes Thema. Also, Herr Luther schießt scharf gegen Canonical und Mark Shuttelworth. Das ist durchaus legitim - und in Editorialen auch nicht unüblich - schließlich stellt es seine persönliche Meinung dar.

Meckern kann jeder, Konsequenzen daraus ziehen und Dinge besser machen nicht. Eine Konsequenz von Herrn Luther leitet sich aus dem letzten Satz des Editorials ab, welcher auch oben zitiert ist: Ubuntu-freie Rechner. Kontrollieren kann das der Leser so oder so nicht, aber ich glaube ihm das Mal. Nun, reicht das? Liest man das Editorial würde ich sagen: nein, reicht nicht. Schließlich wirft er Canonical mangelnden Schutz der Privatsphäre der Nutzer vor und bezeichnet das "wie" des Umgang mit Kritikern zum diesem Thema als "bodenlose Frechheit". Da wäre es doch z.B. nur konsequent, die Leser von LinuxUser zu schützen und bei zukünftigen Ausgabe keine Ubuntu-Version auf CD oder DVD beizulegen. Wer will wissentlich Software verbreiten, die die Privätsphäre untergräbt? Ich werde das dann mal beobachten. Oder vielleicht überwiegt dann doch der Kommerz-Gedanken - LinuxUser bezahlt sich ja auch nicht von selbst - und es liegt Ubuntu bei. Trotz Kritik "zieht" Ubuntu immer noch und ist ziemlich populär.

Ein bisschen blöd ist natürlich für Herrn Luther vielleicht auch, dass es im gleichen Verlag ein Magazin Names "Ubuntu User" gibt, welches allein wegen der Existenz Ubuntus Geld verdient. Na ja, vielleicht entzieht Herr Luther den Redakteuren ja das Zugangsrecht zu seinem Büro? Nein, wohl kaum. Die können ja nichts dafür, was Canonical veranstaltet. Und jeder darf ja nach wie vor "seine" Linux-Distribution wählen. Und wer Ubuntu nicht will - so wie Herr Luther - der hat bekanntlich reichlich Alternativen. Auch ohne, dass jemand Disto-Bashing betreibt.

12 Kommentare:

  1. Nun es ging Herrn Luther wohl um dieses unverschaemte Werbe/Tracking Plugin von Amazon. Wenn ich eine aktuelle Debian/Slackware/Gentoo ISO auf einem PC installiere bekomme ich ein freies und nettes System. Bei der aktuellen Ubuntu ISO habe ich Linux + ein Trackingsystem welches das Suchverhalten des/der User seitens eines Kaufhauses (Amazon) erfasst ohne daß ich darauf hingewiesen werde. Nutzerverhalten wird nach USA übertragen und ein Profil erstellt.
    Vielleicht verstehst Du jetzt die Shopping Lens und ihre Folgen ein wenig besser.

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    1. Ich weiß schon, was die Shopping Lens macht. Meine Meinung zu Shopping Lens ist ja auch nicht Gegenstand des Artikels ;-)

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  2. "Schließlich wirft er Canonical mangelnden Schutz der Privatsphäre der Nutzer vor und bezeichnet das "wie" des Umgang mit Kritikern zum diesem Thema als "bodenlose Frechheit"."
    Zu Recht! Wir (Ubuntu und seine Community) sind die "Guten" (oder wollen es zumindest sein), also müssen wir auch so handeln!

    "Da wäre es doch z.B. nur konsequent, die Leser von LinuxUser zu schützen und bei zukünftigen Ausgabe keine Ubuntu-Version auf CD oder DVD beizulegen."
    Nö wäre es nicht. Es ist seine Meinung, warum sollte er diese - wie Canonical das gerne macht - all seinen Lesern / "Nutzern" aufzwingen? Gibt ja sicher auch noch andere Ansichten in der Redaktion oder in anderen Redaktionen (Ubuntu User). Und vor allem bei den Lesern...

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  3. Distro Bashing vermag ich in dem Editorial nicht zu sehen, es ist in erster line Kritik an Mark Shuttelworth und der schlecht implemntierten Amazon Werbung. Wenn Mark Shuttelworth die im Editorial gemachten aussagen tatsächlich so gemacht hat, hat er allerdings noch einiges mehr an bashing verdient.

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  4. Naja solche kleinen Texte sollen ja auch auf Missstände aufmerksam machen und wie du schreibst - es ist schlicht seine Meinung! Kann er ja machen!

    Aber die Zeitung dann für das weitere mitliefern oder Abhandeln von Ubuntu zu kritisieren halte ich für quatsch, es ist seine Meinung und Leser sowie Redakteure können ja weiter ganz anders denken! :)

    Cannonical sollte die Lens einfach extra machen und nicht in jede Suche einbeziehen und schon finde ich es ein tolles Feature! :)

    AlphaX2

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  5. Naja, Ubuntu das Root-Recht zu entziehen, geht ja schon mit "sudo -i && passwd" ;)

    Aber ich bin da ausnahmsweise schon bei Herrn Luther. Kritik an Sicherheits- und Privatsphärenproblemen damit abzubügeln, dass man ja ätschibätsch sowieso das Root-Passwort für das installierte OS habe, lässt nicht gerade Vertrauen aufkommen.

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  6. Ich finde das Editorial von Hr. Luther völlig legitim. Du darft nicht vergessen, dass diese Diskussion erst den Anfang darstellt. Mark Shuttleworth konterte kurz darauf, die Enwicklung von Ubuntu als Konsequenz (aus dieser aus seiner Sicht vermeidbaren) Diskussion, hinter verschlossenen Türen weiterführen zu wollen. Sein Versuch dieses Vorgehen als einen 'Schritt in Richtung mehr Offenheit' zu verkaufen ist kläglich gescheitert (genauso wie der Versuch die Shopping Lense nicht als Werbung sondern als Mehrwert darzustellen).

    Bezüglich Hr. Kleinert vom Linux Magazin habe ich eine ganz andere Meinung als Du. Ich lese seine Vorworte gar nicht gerne. Er ist zum Teil sehr überheblich und frauenfeindlich (siehe Ausgabe 10/12).

    Siehe dazu auch: http://silkemeyer.net/offener-brief-an-jan-kleinert-chefredakteur-des-linux-magazins

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    1. Danke für den Link. Ist mir so - bewußt - noch nicht aufgefallen. Werde dann später die die Ausgabe mal raussuchen.

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  7. Lieber Jochen Schnelle,

    ich freue mich sehr, dass Sie sich so intensiv mit dem Editorial auseinandersetzen. Einige Ihre Sätze möchte ich gerne kommentieren:

    * "neigt Herr Luther in seinen Editorialen zu ... stark polarisierenden Sichtweisen": Dass meine Editorials stark polarisieren, hoffe ich inständig. Anderenfalls könnte ich mir das Schreiben eines solchen Meinungsbeitrags sparen und wie viele Kollegen anderer IT-Blätter einfach den Heftinhalt durchhecheln, das würde mir einen Haufen Arbeit ersparen. Ich finde aber, ein Leitartikel - so das deutsche Wort für Editorial - sollte beim Leser auch eine eigene Meinung zu einem kontroversen Thema anregen. Insofern wünsche ich mir, dass der Rezipient, auf gut Deutsch gesagt, entweder ruft "Endlich sagts mal einer!" oder flucht "So ein blödes A...!". Natürlich freue ich mich mehr über Ersteres, kann aber auch mit Letzterem gut leben; in jedem Fall: Mission accomplished.

    * "Da wäre es ... nur konsequent, ... bei zukünftigen Ausgabe keine Ubuntu-Version auf CD oder DVD beizulegen.": Ja, das wäre brachial-konsequent - und völlig unangebracht, gerade im Open-Source-Umfeld, wo es nicht zuletzt um die Freiheit der Wahl geht. Ich bin doch kein Schulmeister, der anderen vorschreibt, was sie tun oder lassen sollen. Das muss jeder selbst entscheiden. Zudem darf ein Leser von einer Linux-Zeitschrift zurecht erwarten, dass sie sich mit dem jüngsten Ubuntu-Release auseinandersetzt. Deshalb gibt es auf der Ausgabe 12 denn auch einen Ubuntu-Sixpack mit sechs verschiedenen 12.10-Varianten in 32 und 64 Bit. Wer mag, kann - wer nicht, findet auf den Heft-DVDs auch Debian 6.0.6.

    * "Auch ohne, dass jemand Disto-Bashing betreibt.": Wenn Sie das Editorial noch mal in Ruhe lesen, werden sie feststellen, dass es kein Distro-Bashing war. Wenn schon, dann war es Shuttleworth-Bashing. Allerdings lautet die deutsche Übersetzung von Bashing "öffentliche Beschimpfung". Und beschimpft habe ich Herrn Shuttleworth nicht, sondern lediglich aus seinem Blog zitiert und seine Aussagen aus meiner Sicht kommentiert.

    Sie sind ganz offensichtlich nicht meiner Meinung, was die Angelegenheit betrifft - damit kann ich leben. Und zumindest in einer Sache stimmen wir völlig überein: "Und jeder darf ja nach wie vor seine Linux-Distribution wählen." Das ist das Schöne an freier Software: Jeder hat die Wahl.

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    1. Danke für den Kommentar - und das ist ernst gemeint. Es gefällt mir wirklich gut, dass Sie mit der Kritik an der Kritik sachlich umgehen können. Das können (leider nicht alle).

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  8. Herrn Luther sollte man ganz allgemein nicht allzu ernst nehmen.

    Liest man regelmäßig das Editorial sollte man wissen, dass er sowieso schon seit Jahren einen ubuntufreien Rechner haben müsste, denn er ruft ja dort in schönster Regelmäßigkeit die neue Super-Distribution aus.

    Und so ganz nebenbei würde ich hier nicht das Linux-Magazin und die Linux User vergleichen, das ist eine vollkommen andere Zielgruppe. ;-)

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    1. Inhaltlich sind die beiden Magazin "anders", das stimmt. Aber ich denke, dass das Wissen der Redakteure und Chefredakteure doch ähnlich ist.

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